Am 6. März hat Thomas Perles neues Stück in Wien Premiere. “mutterseele. dieses leben wollt ich nicht” erzählt von Alkoholismus, dem Mutter- und dem Tochtersein. Ich habe den jungen Dramatiker kurz vor der Uraufführung im WERK X-Eldorado im Aida am Stephansplatz zum Kaffee getroffen.
Thomas! Danke, dass du dir kurz Zeit nimmst. Ich weiß, ihr seid in den Endproben. Ist es recht stressig?
Voll stressig. Wir hatten gerade viel zu tun mit dem Aufbau des Bühnenbilds. Es wird großartig! Ich freu mich schon auf die Premiere. Bin schon gespannt, was du sagst. Du kommst am Montag, oder?
Ja, sicher. Ich freu mich schon sehr! Du, ich hab das Skript zu mutterseele. gelesen und mir ein paar Notizen gemacht. Was meinst du dazu?
Ich schiebe einen Notizzettel mit Stichwörtern zwischen Schinken-Käse-Toast und Cola über den Tisch. Thomas nimmt ihn und liest.
Was meinst du mit “Horvath-Sprache”?
Die Auslassungen, mit denen du arbeitest. Und, es ist so eine alltägliche Sprache, die durch die Verkunstung ausgestellt wird. Dadurch wirkt der Alltag so arg, wie er oft ja wirklich ist. Die Sprache zwingt zum Hinsehen. Sind das Anklänge an Horvath?
Ich habe eigentlich keine Vorbilder. Die Sprache kommt aus mir. Ich habe auch keine Regeln, wann Worte ausgelassen werden. Es geht mir um einen bestimmten Rhythmus. Ich war ja Regieassistent am Schauspielhaus Wien und hab viel mit zeitgenössischen Autoren, wie Ewald Palmentshofer, gearbeitet. Das war zeitgenössisches Theater für mich. Mag sein, dass es unbewusst abgefärbt hat.
Was gefällt dir an der Inszenierung deines Textes besonders? Worauf sollte ich beim Zuschauen besonders achten?
Die Unterschiede in den zeitlichen Ebenen ist, finde ich sehr schön gelöst. Ich mag sehr, was Lina (Hölscher) aus dem Text gemacht hat. Trotzdem habe ich Angst wie es beim Publikum und den Kritikern ankommt. Es ist ein sehr sensibles Stück, sehr berührend, keine Bühnenschlacht. Kein Klötentheater. Ich mache Theater, das berühren soll.
Die Regieanweisungen wirken wie eine selbstständige Figur.
Ursprünglich war das auch eine zusätzliche Figur: Das Leben. Es schreibt die besten Geschichten. Das Leben musste aber sterben und lebt jetzt weiter in den Regieanweisungen, die von den Schauspielern übrigens mitgesprochen werden.
Du, die Farbe vom Flyer ist so schirch. Warum?
Schirch wie die Leberzirrhose! Das Leben mit der Alkoholsucht ist nicht schön. Der Tod infolgedessen auch nicht. Wenn die Leber kaputtgeht, wirst du gelb, das ist erschreckend. Wir haben übrigens drei Varianten im Umlauf, mit Motiven, die inhaltlich sehr starke Momente im Stück wiederspiegeln. Außerdem erinnern sie an Andachtskarten.
Habt ihr in der Probenarbeit viel über Alkoholsucht diskutiert?
Natürlich. Jeder kennt Geschichten dazu. Jeder kennt jemanden, der jemanden kennt, der durch Alkoholismus am Leben gehindert wird. Aber es wird immer unter den Teppich gekehrt. Deshalb der Teppich im ganzen Bühnen- und Zuschauerraum.
Ich hätte jetzt Teppich eher mit Daheimsein, dem bürgerlichen Heim, vielleicht aus den 50ern, verbunden emotional.
Das auch. Er spiegelt auch das Heimelige wieder. Unter den alles gekehrt wird. Aber auch die Dumpfheit, die man im Rausch hat.
Ich finde am Text so oarg, dass er so unversöhnlich ist. Die seelische Zerrüttung bleibt am Schluss da.
Ja, Lina hat da sehr schöne Sachen gefunden, wie die beiden Frauen Claudia Carus als die junge Rita und Lilly Prohaska als Rita gemeinsam eine Person ergeben. Es wird übrigens nicht getrunken auf der Bühne. Das wir auf eine andere Weise dargestellt, aber das ist eine Überraschung.
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Ein Gedanke zu “„Schirch wie die Leberzirrhose“ Thomas Perle im Interview über die Uraufführung seines Textes mutterseele. am 6. März im Werk X-Eldorado”