von Christine Nemeth
Das kleine Theater Delphin –mit seinen 40 Sitzplätzen– hat sich in einen Salon verwandelt. Die roten Vorhänge, die alle 4 Wände umspannen, verleihen dem Raum eine angenehme, intime Atmosphäre.
Dieses Flair der Jahrhundertwende wird noch unterstützt durch die stilvollen Kostüme der Kostüm-Werkstatt Wien. Die Bühne bildet ein schmaler, flacher Steg in der Mitte des Raumes; eine Leiter und ein weißer Sessel sind die einzige Ausstattung des Abends.
Barbara Schandl beginnt in der Rolle der Pianistin Magda von Hattingberg mit dem Mephistowalzer Nr. 1 von Franz Liszt. Im Laufe des Abends trägt sie abwechselnd mit Bernhardt Jammernegg noch sieben vertonte Gedichte vor, so etwa „Mädchenklage“ oder „Liebeslied“. Szenenapplaus gibt es bei „Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort“ (…Ihr bringt mir alle die Dinge um).
Diese musikalischen Untermalungen bilden das Gerüst für die Textpassagen aus den „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“, die vom Regisseur Jakub Kavin selbst ausdrucksstark gesprochen werden:
Daß es mir niemals zum Bewußtsein gekommen ist, wieviel Gesichter es gibt. Es gibt eine Menge Menschen, aber noch viel mehr Gesichter, denn jeder hat mehrere. Da sind Leute, die tragen ein Gesicht jahrelang, natürlich nutzt es sich ab.
Bernhardt Jammernegg wechselt vor den Augen der Zuschauer seine Kostüme und Charaktere. Etwa wenn er aus den „Briefen an einen jungen Dichter“ die Stelle spricht, die Rilke als zentrale Frage sieht:
gestehen Sie sich ein, ob Sie sterben müssten, wenn es Ihnen versagt würde zu schreiben. Dieses vor allem fragen Sie sich in der stillsten Stunde Ihrer Nacht: muss ich schreiben?
Oder bei der Darbietung der „Dritten Duineser Elegie“ gemeinsam mit Barbara Schandl als Lou Andreas-Salomé.
Fazit: Ein Abend, der wegen der Vielschichtigkeit von Wort und Musik noch lange im Gedächtnis bleibt.
RM RILKE – WIE IST ES MÖGLICH, DA ZU SEIN?
eine szenische Collage zu Texten von Rainer Maria Rilke und Lou Andreas-Salomé
Vorstellungen am 7., 8., 14., 15. und 17.4.2018
Regie: Jakub Kavin
Musik: Bernhardt Jammernegg und Barbara Schandl
Kostüm: Christian Alfred Kahrer (Kostüm-Werkstatt Wien)
Besetzung: Bernhardt Jammernegg, Jakub Kavin und Barbara Schandl