“Ein Körper für Jetzt und Heute” von Mehdi Moradpour am Schauspielhaus Wien
Fett im Raum steht ein Springbrunnen in Markusplatzgröße mit Graffiti gegen Gentrifizierung. Wenig später der zweite Eindruck: Es stinkt ein bisserl. Das Wasser auf der Bühne. Zino Wey hat Mehdi Moradpour’s Text “Ein Körper für Jetzt und Heute” auf die Bühne des Schauspielhauses gesetzt. Wenn das ein Kampf war, hat der Brunnen über den Text gewonnen. Leider.
Zugegeben, ich bin etwas müde als ich am Samstag Abend zur Uraufführung von Mehdi Moradpours neuem Text ans Schauspielhaus Wien komme. Den langen Einführungstext auf der Homepage habe ich nur überflogen und das Teaser-Video hat mich ohne großen Eindruck zurückgelassen. Trotzdem bin ich gespannt: Um Transgender-OPs soll es gehen, um Queerness, um die Möglichkeit eines Körpers abseits der Binarität von Mann und Frau.
Auf der Bühne dann steht fett ein Brunnen im Raum. Die Schauspieler_innen waten im Wasser herum, nehmen am Brunnenrand und dahinter Platz, testen verspielt ihre Kleidung aus. Der visuelle Eindruck ist weit unmittelbarer als der Text, der gesprochen wird. Eine essayistische Textfläche, stark poetisierte Alltagssequenzen, nacherzählte Erlebnisse – Wer ist wer? Wer spricht? Wo bin ich? Worum geht es?
Bemüht versuche ich, dem Text zu folgen. Zusätzliche live-Video-Sequenzen rücken das Geschehen noch weiter weg von mir im Zuschauerraum. Ich versuche, eine Verbindung aus dem Brunnensetting und der erzählten Geschichte herzustellen.
- Wasser: Taufe, Geburt
- an der Kleidung zerren: den Körper in Form bringen, Veränderung
– soweit komme ich. Aber die Erkenntnis befriedigt nicht wirklich.
Einen Moment gibt es dann doch, der mich erlöst: ein Dialog zwischen Simon Bauer und Vera von Gunten. Er, jetzt deutlich Charakter der Geschichte, diskutiert mit ihr, jetzt deutlich Ärztin in der Klinik, über seine bevorstehende Geschlechtsumwandlung. Für einen Moment habe ich lebendige Figuren vor mir, die mich interessieren, mir Spaß machen und mich ganz nah an sie heran holen.